Donnerstag, 27. Juni 2013

Pulau Perhentian

Meine Überfahrt von Tioman auf das Festland nach Mersing war eine Geduldsprobe und ich hatte nicht mit so vielen Zwischenstationen und Warterei gerechnet. Als ich ankam dämmerte bereits und die anderthalb Fussweg Kilometer bis zum Busbahnhof liessen den Tag vollends weichen. Der Plan war ein Nachtbus bis Kuala Besut zu nehmen und morgens mit der Fähre zu einer der beiden Perhentian Inseln zu kommen, die Realität sah allerdings einen ausbuchten Bus für mich vor, was mich eine Nacht in Mersing gestrandet lies. Die Hostelsuche erwies sich einfacher als gedacht, keine 200m von der Busanlaufstelle fand ich im ersten Anlauf ein günstiges Nachtlager. Mersing ist sehr klein, eine winzige Hafenstadt, die ausser ein paar Geschäften touristisch wenig hergibt, diese sind grossteils ab abends auch noch geschlossen, sodass ich mich aufs Zimmer verzog und mir die Zeit vertrieb, sowie früh zu Bett ging. Das Ticket habe ich klugerweise schon am Abend zuvor gekauft und somit meinen Platz reserviert, kurz bevor ich von einem alternativen Weg erfuhr, der durch Umsteigen weniger bequem ist, mich jedoch einen Tag früher auf die Inseln gebracht hätte. Rückblickend bin ich nicht sicher ob ich mich nicht auch ohne Busticket für die Nacht in Mersing entschieden hätte, bin jedoch froh mir den Stress erspart zu haben.
Der frühe Schlaf bescherte mir einen ebenso frühen Morgen der mich ohne Eile zum Checkout duschen, essen und packen liess. Das Gepäck liess ich an der Rezeption stehen die ohnehin ständig besetzt ist und schlenderte ein wenig durch die Geschäfte die teilweise an unsere 1€ Läden erinnern, jedoch die Grösse mehr Kaufhäusern glich, sowie am Pier entlang, was trotzdem nicht mehr als 2h beanspruchte und mich noch gute 8h beschäftigungslos liess. Einen überwiegenden Teil der Zeit verbrachte ich in der Lobby während ich einen ansteigenden Druck in meinem rechten Schuh wahrnahm. Nach 2h war der damit verbundene Schmerz bereits so unerträglich, dass ich zurück auf Flip-Flops wechselte und sah die angeschwollene Entzündung einer der Wunden die ich mir bei der Schwimmübung zum Tauchschein zuzog als ich mit dem Fussrücken über einen Stein schlitterte und zahlreiche oberflächliche und 2 tiefere Schnitte erlitt. Ich dachte schon garnicht mehr an diese Verletzungen, da diese bereits eine Woche zurücklagen und beinahe verheilt schienen. Bis zum Abend breitete sich die Schwellung bereits genug aus um den gesamten Vorderfuss einzunehmen und mich durch die Apotheken humpeln zu lassen. Vor der Fahrt bekam ich den Rat einer frisch gebackenen Ärztin (danke nochmal Isa) spätestens am nächsten Morgen Antibiotika zu nehmen. Die Fahrt über schlief ich seelig während sich die Infektion auf den kompletten Fuss ausgebreitet hatte, der so dick war, dass der Flipflop nicht mehr passte und jeder Schritt schmerzhaft war. Das Antibiotikum wirkte binnen 2h und begann die Schmerzen innerhalb der nächsten Tage nach und nach weniger werden zu lassen. Aufgrund meiner mangelnden Mobilität war das Zimmer schnell gefunden, was sich als eine gute Wahl herausstellte, und ich mich mit den Langzeittouristen und dem Personal anfreundete, was mir die Tage die ich fast ausschließlich dort verbrachte erträglicher machte. Zum Essen zog ich eine Plastiktüte über die durch die Schwellung orthogonal zum Schnitt aufgerissene Wunde, welche  nun ein Kreuz bildete und mich zusammen mir der parallel verlaufenden die wie ein Strich oder Schlitz aussieht an 2 verschiedene Schraubenköpfe erinnert. In der Langeweile und immer vor dem Sand in Acht, der mangels Strassen einfach überall war, hatte ich bereits den halben Strand abgehumpelt, als mir plötzlich im Restaurant das Handy aus und nie wieder anging. Na toll, eine Glückssträhne....
Jeden Tag berauscht durch die Sicht auf die wundervolle Bucht von Longbeach und motiviert durch den heilenden Fuss welcher sich inzwischen wie ein halb aufgeblasener Ballon oder wie ein Schuh voller Wasser beim Laufen anfühlte, der Schmerz jedoch fast nur noch eine unangenehme Erinnerung, trübte die nun stark eingeschränkte Kommunikation mein Erleben der Insel jedoch nicht. Allerdings ist der Verlust meines Schweizer Taschenmessers für Geeks trotzdem stark merklich gewesen, da es mir fast täglich nicht nur Zeitvertreib, sondern auch Werkzeug im fremden Land war und von der Übersetzung von Gerichten, Hinweisen und Textzeilen, über Navigation zum Finden von Interessanten Orten und Aussteigen an der richtigen Haltestelle, Nachschlagen von Informationen und Vergleichen von Preisen, ausser dem Kommunizieren mit der Heimat und Spielen ein  überaus wichtiger Helfer war, was das Tablet  in diesem Umfang nicht bietet, und nur einen schwachen Ersatz bietet wie eine Prothese die Grundfunktionen übernimmt aber keinesfalls ein Ersatz oder gar eine Alternative ist.
Die Verbände wurden kleiner und recht sicher  abgedichtet, sodass ich mich nach 2 Tagen schon in die Sonne legte, wenngleich ich erst ab dem 5. Tag zum ersten Mal ins Wasser ging. Der vierte Tag begann mit dem fast vollständigen Abschwellen und kompletter Schmerzfreiheit, was mich noch nicht ins Wasser, aber zumindest zum nächsten Strand auf der genüberliegenden Seite der Insel laufen liess. Der war jedoch recht unspektakulär und weil es die dünnste Stelle der Insel ist auch mit 7minuten Fussweg zu erreichen. Ich hüpfte also zum nahegelegen nächsten Strand und blieb dabei immer auf den Klippen von Strand zu Strand als ich mir vornahm diese nicht zu verlassen und um die halbe Insel zu wandern bis ich wieder am Longbeach ankam. Das Unterfangen steigerte sich rasch in der Schwierigkeit und ich kletterte mit meiner favorisierten Fussbekleidung und Badehosen bekleidet, sowie einer Umhängetasche mit Kamera ausgerüstet entlang steiler Klippen, und Felsschluchten von einem Traumhaften Ort zum nächsten. Weil der Ausflug nicht geplant war hatte ich das Tablet dabei, welches ich beim Mittagessen im Internet nutzte, ich hatte leider im Hostel kein Internet. Das Tablet teilte sich den engen Raum in der Tasche mit meiner Kamera, weswegen sie auf die Klippen Fiel und das Filtergewinde mit Sonnenblende des Objektivs abbrach und ich fortan noch besser aufpasste. An einer stelle verlor ich fast den Flipflop die Anstrengung, Hitze und auch das Adrenalin mancher Stellen pressten den Schweiss aus jeder meiner Poren und als ich keinen Halt mehr in den Schuhen hatte, beschloss ich alternative Wege zu nutzen. Ich brach also durch das Unterholz des fast unberührten Regenwaldes bis zu einer Wasserleitung, ein Plastikrohr das die Insel in meeresnähe auf der Oberfläche seit kurzem umspannt, was heisst, dass erstens Menschen sich einen Weg durchgeschlagen haben um es zu verlegen und zweitens alle bewohnten und unbewohnten Strände zumindest tangiert. Ich folgte also der Leitung oder blieb  gut es ging in der Nähe, die Natur holt sich ihren Platz in den Tropen schnell wieder, anders als bei uns, wo man Waldschäden und Buschfeuer nach bis zu 20 Jahren noch erkennt. Nach einiger Zeit bemerkte ich Markierungen auf dem Weg den ich mir suchte. Absperrband an Äste gebunden um einen Weg zu beschreiben. Man erkannte keinerlei Trampelpfade, nur weniger zugewachsene Stellen, besser begehbare Büsche, die mich zweifeln liessen ob dieser Weg so viel ungefährlicher ist als die Klippen, anderthalb Meter lange Warane mit ihren infektiösen Bissen der messerscharfen Zähne, Fledermäuse mit Spannweiten bis zu 2m und handtellergrosse Spinnen mit ihren schmerzhaften Giftbissen und meterlangen Netzen. Ich dachte zurück an die Jungeltour in Chiang Mai und die nicht weniger abwechslungsreiche Fauna, ausserdem war der Weg nicht wirklich anstrengend verglichen mit der Klettertour auf den Klippen, die so manche Boulderhalle wie ein Kinderspielplatz erscheinen lies. An einem wahnsinns Aussichtspunkt verlor ich die Sonnenblende des Objektivs entgültig etwa 12m unter mir, unerreichbar. Ameisenstrassen und Zehntausende von Termiten kreuzten meinen Weg, teilweise beinahe unmöglich auszuweichen. Ich hoffte nie einen solchen Insektenhighway zu unterbrechen, viele würden Sterben und die nächsten würden meinen Fuss bekrabbeln bevor ich den nächsten Schritt ansetze. Nur eine einzige Ameise war der Meinung mein Bein wäre eine Bedrohung, trotz meiner Vorsicht was das aufsetzen der Füsse anging.  Als ich realisierte dass ich kein Wasser dabeihatte, mindestens 2l bereits verloren habe und zurückkehren keinesfalls eine denkbare Option ist, beschleunige ich mein Schritt, was mich das ein oder andere sehr feste Spinnennetz einbrockte in das ich mich verfing, immer erleichtert als ich sah nicht die Mitte und damit die Spinne in meiner Nähe zu haben. Ich achtete darauf laut zu sein um Schlangen und die riesigen Echsen auf mich aufmerksam zu machen und zur Flucht zu bewegen, was in einigen Fällen Wirkung zeigte und ich nur noch komplette Büsche wackeln sah oder Schwanzspitzen im hohen Gras verschwanden.
3h war ich bereits unterwegs als ich die Markierungen verlor und abermals über steile Felswände und unwegsbares Klippengelände kletterte bis ich  einen grösseren Strand gelangte. Und der ersten Person auf dem Weg begegnete. Ich fragte wo der Weg zurück is und wie lange es noch dauerte bis ich wieder an meiner Ursprungsherberge gelangte, wobei er mir 45mins als Zeit angab. Mit frischer Motivation machte ich mich mit abermals schnellerem Gang auf den Weg bis ich nach 30 Minuten an einem anderen Strand einer anderen Person dieselben Fragen stellte und ähnliche Antworten bekam. Ich merkte wie mich die Kräfte langsam verliessen und nach 5 Minuten das bekannte Geräusch der Generatoren hörte und auf ein Resort traf, das sich als D'Lagoon herausstellte, einem Strand wenige KM nördlich. Ich kam der verlorene Wanderer in der Wüste der auf eine Oase trifft und trank eine kühle anderthalb Liter Wasserflasche binnen weniger Minuten leer, was mir von Mal zu Mal neue Energie spendete bis ich nach einer kurzen Pause fast frisch wie zu beginn des Tages loswanderte, durch diesmal deutliche Trampelpfade, und den Schildern die eine Stunde angaben folgte. Am höchsten Punkt der Insel befand sich der Versuch eine zentralen Kraftwerks und der nutzung ökologischen Stroms in Form von einem Solarzellenparks und einiger Windräder, die jedoch tragischweise, wie ich fand, nicht genutzt wurden und stattdessen Tag und Nacht jedes Hostel, jedes Restaurant und jede Bar ihren eigenen Generator betrieb und diesen um Sprit zu sparen zu bestimmten Stunden ausschaltete oder auf kleinere umschaltete. Der Weg ab da war ein Spaziergang, kein Vergleich zu dem bisherigen Abenteuer und ich bemerkte die Müdigkeit die sich einstellte als der Durst ein weiteres mal gestillt und das Ziel endlich erreicht war.
Den Beweis dass mein Fuss soweit geheilt war hatte ich jetzt, der Grund weshalb ich das Salzwasser mied ist aufgrund vieler Warnungen, alle Abwässer werden ins Meer geleitet, einer intakten Haut macht das nichts, eine Wunde infiziert aber leicht, besonders die Geschichte die mir eine Tauchlehrerin erzählte von ihrer Infektion die 40 Tage nicht wegging, da sie aufgrund ihres Jobs immer ins Wasser musste und es einfach nicht heilen wollte, aber auch die Bestätigungen der Anderen die auf der Insel arbeiteten, lebten oder viel Zeit verbrachten, von denen jeder mehr als eine infizierte Wunde hatte, brachten mich davon ab, mehr als Jodsalbe an meinen Fuss zu lassen. In der Ausbildung lernte ich dass gegenteilig dem Volksglauben und alter Hausrezepte feuchte Wunden schneller Heilen als trockene, weswegen ich nicht nachgab Sonne oder Luft dranzulassen und sich tatsächlich die tiefe Verletzung nach 5 Tagen fast vollständig schloss und ausser einem kleinen Schorf in der Mitte von unten heraus und von Seiten alles gut verheilt war, weshalb ich das erste mal meinen Schnorchel packte und ins Wasser sprang. Die Korallen waren leider wenig spektakulär, die Vielfalt an Fischen jedoch beeindruckend, besonders Respekt hatte ich vor über einem Meter grossen, und beinate genauso hohen lilablauen Fischen mit Hupel über den Augen und einem Papageienschnabel, weswegen ich mich alleine nicht weiter traute, war jedoch ein beträchtliches Stück geschnorchelt. Die Sicht war im Gegensatz zu Tioman sehr schlecht, 5-10m, nicht mehr, sodass ich in einem Graben ca 7m tief tauchen musste um den Boden zu sehen. Ausser blaugepunkteten Rochen, einem Fisch der Wie ein algenbewachsener Stein aussah und welcher giftig ist und einem kleinen Oktopus, welcher über den Boden kroch und dabei chamäliongleich seine Farbe änderte sah ich nichts besonderes. Meine Morgen und Abende waren meist von einer Runde Internet beim Essen geprägt, einmal war ich beim Schnorcheltest von Shannon dabei, was mein Abendprogramm deutlich abwechste. Schnoreltest ist quasi die inoffizielle, letzte Prüfung zum Dive Instructor, dem Tauchlehrerschein in dem es eigentlich darum geht den ehemaligen Schüler betrunken zu machen und das Ereignis zu feiern, so wurde schon tagsüber ein Schnorchel als Bierbong umgebaut um Alkohol mit Druck in die frische Tauchlehrerin zu bekommen. Shannon lernte ich 2 Tage davor kennen, eine kleine, quirlige Malayin, die ich eher 10 Jahre unter ihre tatsächlichen 28 Jahre geschätzt hätte, und nicht weniger erstaunt war dass ihr eine der grösseren Tauchschulen mit Restaurant und Bungalows gehörten.
Es gab Freibier, Satespiesse und viel Ausgelassenheit, schon bevor es zur Blacktipbar am Strand zur Bad Taste Party ging wo ich von einer Nachbarin eine Verkleidung geliehen bekam, die dem Motto würdig ist.
Der nächste Tag wurde nur faul in der Sonne und am Strand verbracht, erst am letzten Tag ging es den ganzen Tag schnorcheln wo ich auf ein ganzes Nest Haie stiess die in sicheren Abstand von mir flüchteten sobald sie mich wahrnahmen. Es ist ein beklemmendes wie grossartiges Gefühl zugleich von gut 15 kleinen Riffhaien umgeben zu sein, auch wenn sie kaum grösser als einen Meter sind, haben sie die typische Haischnautze mit dem schmalen Mund, der die vielen spitzen Zähne versteckt.
Die Abreise stand stand bevor, was auch Abschied bedeutete, und mit einer detaillierten Beschreibung wohin ich muss ging es nach Kota Baru, eine Nacht ausruhen, viel gibt es hier nicht zu sehen, zumindest kaum Spannendes. Eine Stunde braucht ein Taxi zum Grenzübergang in Rantai Panjeng, wie lange der Bus brauchte kann ich nicht sagen, ohne Handy fehlt mir jegliches Zeitgefühl. Die Ausreise und auch die Einreise nach Thailand verliefen denkbar unkompliziert, was mich etwas überraschte, sodass ich gleich in Sungai Golok den  nach Bangkok nahm, welcher die Sitze zu Betten klappen kann und so ein komfortables Reisen ermöglicht. Ich war selten so ausgeruht, auch wenn die Kabine für meine Grösse etwas kurz ausfällt und war beinahe enttäuscht dass die Fahrt mit nur einer Stunde Verspätung in Bangkok endete. Hier suchte ich mir bisher ein günstiges Zimmer und erkundete die Handyabteilung des MBK Kaufhauses mit der unendlichen Auswahl. Mein altes Handy ist wohl irreparabel, was ich auf geplante Obsolenz zurückführe, und mich Samsung fast den Rücken zukehren lässt. Ersatz zu finden war schwierig, da alles was ich gut fand ausserhalb des Budgets lag und alles innerhalb des vertretbaren Kosten/Nutzenfaktors war den Preis nicht wert.  Kurz vor dem Aufgeben fand ich für umgerechnet 60€ ein Smartphone das ausser GPS wohl mein Ansprüchen genügen muss, auch wenn bisher kein einziger Kontakt Synchronisiert wurde und ich auch so meine Probleme mit dem Gerät habe, immerhin funktionieren Facebook und Whatsapp schon.

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